Wirtschaft in Siegen-Wittgenstein/Olpe kämpfen noch immer mit Brexit

Der Brexit hat die Handelsbeziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU nachhaltig verändert. Doch wie genau hat sich der Brexit auf die regionale Wirtschaft ausgewirkt? Radio Siegen hat bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Siegen nachgefragt.

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Trotz der Herausforderungen bleibe das Vereinigte Königreich ein attraktiver Markt für Unternehmen im IHK-Kammerbezirk Siegen-Wittgenstein und Olpe. Mit fast 70 Millionen Einwohnern biete das UK weiterhin bedeutende Geschäftsmöglichkeiten, sagt Jens Brill. Er ist Leiter Außenwirtschaft bei der IHK in Siegen.

Herausforderungen durch den Brexit

Vor dem Brexit profitierten Unternehmen von einem reibungslosen Warenverkehr innerhalb der EU. Heute sind die Handelsbeziehungen durch zusätzliche bürokratische Hürden belastet. Unternehmen, die zuvor nicht mit Drittländern handelten, müssen nun eine EORI-Nummer beantragen, um Zollanmeldungen durchführen zu können. Auch die Registrierung als „Registrierter Ausführer“ (REX) ist für den zollvergünstigten Handel erforderlich. Zudem erfordert der Export nach UK eine steuerliche und zollrechtliche Registrierung vor Ort.

Veränderte Handelsbedingungen

Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem UK hat zwar Zölle weitgehend abgeschafft, jedoch müssen Unternehmen die Voraussetzungen für die Zollfreiheit nachweisen. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand, der laut Brill insbesondere für kleinere Unternehmen eine Herausforderung darstellt. Einige Unternehmen hätten sich daher entschieden, ihre Handelsbeziehungen zum Vereinigten Königreich zu reduzieren.

Bedeutung des UK als Handelspartner

Der Vor-Brexit-Status sei noch nicht wieder erreicht, sagt Brill. Bundesweit liegt das Vereinigte Königreich auf Platz 9 im Außenhandelsumsatz. In Nordrhein-Westfalen (NRW) ist das UK ebenfalls auf Platz 9 der Exportländer. Trotz dieser Platzierungen sind die Importe aus dem UK in NRW deutlich zurückgegangen. Besonders betroffen sind die Sektoren Automotive und Maschinenbau, die traditionell stark mit dem UK verbunden waren.

Brexit-bedingte Probleme

Der Brexit hat neue Handelsbarrieren geschaffen, darunter Zollfragen und Grenzkontrollen. Diese führten zu Logistik- und Lieferkettenproblemen, die durch den Fachkräftemangel noch verschärft worden seien. Die politische Unsicherheit im Vereinigten Königreich und die zeitliche Überschneidung mit der Corona-Pandemie hätten die Situation laut Brill zusätzlich kompliziert.

Bürokratie und Kosten

Die geografische Entfernung zum UK hat sich nicht verändert, jedoch haben die gestiegenen Bürokratieanforderungen zu höheren Kosten und längeren Transportzeiten geführt. Unternehmen müssen mehr Personal einsetzen, um die zusätzlichen Anforderungen zu bewältigen, was die Kosten weiter erhöht.

Anpassung an die neuen Bedingungen

Trotz der Herausforderungen hätten die Unternehmen in der Region Flexibilität bewiesen und sich den neuen Bedingungen angepasst, sagt Brill. Die schlimmsten Folgen eines „Hard Brexit“ seien durch das Handelsabkommen abgewendet. Dennoch bleibe es wichtig, den Unternehmen die Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen zu erleichtern, um ihre Resilienz zu stärken.

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