Neue Drohnenabwehr: Polizei in NRW gerüstet, EU plant Nachbesserung

Illegale Drohnenflüge nehmen in NRW zu. Polizei, Bundeswehr und EU arbeiten an neuen Abwehrstrategien, um Bevölkerung und kritische Infrastruktur besser zu schützen.

Polizisten der Drohnenabwehr peilen mit einem Jammer (l) und einem Fernglas (r) bei einer Vorführung eine Drohne an. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat ihre Möglichkeiten zur Drohnenabwehr vorgestellt.
© picture alliance/dpa | Oliver Berg

In Nordrhein-Westfalen wächst die Aufmerksamkeit für Drohnenflüge. Die Sicherheitsbehörden werden zunehmend vor Herausforderungen gestellt. Zwar wurden im bevölkerungsreichsten Bundesland bisher keine großen militärischen Drohnen gesichtet, die Zahl illegaler und unerlaubter Flüge steigt jedoch kontinuierlich. Landesregierung, Polizei und Bundeswehr bereiten sich auf unterschiedliche Szenarien vor, während die EU parallel eine gemeinsame Drohnenabwehrinitiative plant.

NRW-Polizei als erste Verteidigungslinie

Innenminister Herbert Reul (CDU) betont, dass die NRW-Polizei für die Abwehr kleiner, ziviler Drohnen gut gerüstet ist. Spezielle Technologien erlauben es, Drohnen über Störsignale zu stoppen, ihre Steuerung zu übernehmen oder sie sogar mit Fangnetzen zu Boden zu bringen. Bei planbaren Großveranstaltungen wie Fußballspielen sei die Polizei in NRW bundesweit führend und berate andere Sicherheitsbehörden im In- und Ausland. So wurden bei der EM im vergangenen Jahr 88 Drohnen über den Spielstätten gesichtet, in vielen Fällen konnten auch die Piloten identifiziert werden.

Für große, militärisch ausgerüstete Drohnen stößt die Technik der Polizei jedoch an Grenzen. Reul betont, dass solche Vorfälle bisher in NRW nicht aufgetreten seien, und verweist auf die Zuständigkeit der Bundeswehr für den militärischen Bereich. Limitiert ist die Polizei auch, wenn unbekannte oder gar illegale Drohnen plötzlich irgendwo am Himmel erscheinen. Auf spontante Einsätze ist die Polizei in NRW nicht vorbereitet.

Erst ab einer Distanz von 2 Kilometern kann die Polizei effektiv eine unerlaubte Drohne abwehren. © RADIO NRW | José Narciandi
Erst ab einer Distanz von 2 Kilometern kann die Polizei effektiv eine unerlaubte Drohne abwehren.
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Zuständigkeiten und rechtlicher Rahmen

Die Zuständigkeiten bei der Drohnenabwehr in Deutschland sind komplex: Während die Landespolizeien für die allgemeine Gefahrenabwehr zuständig sind, obliegt der Schutz von Flughäfen und Bahnhöfen der Bundespolizei. Die Bundeswehr ist für militärische Drohnen sowie für den Schutz eigener Liegenschaften verantwortlich und kann in Ausnahmefällen im Rahmen der Amtshilfe Unterstützung leisten. Die Flugsicherung durch die Bezirksregierungen spielt ebenfalls eine Rolle, ebenso wie die geltenden Vorschriften für erlaubte Flugzonen, die den Einsatz der Polizei beeinflussen.

Reul schlägt daher vor, auf Bundesebene Schnittstellen, Zuständigkeiten und den rechtlichen Rahmen klar zu diskutieren. Ziel sei es, Doppelzuständigkeiten zu vermeiden und schnelle Entscheidungen in Gefahrenlagen zu ermöglichen.

Über spezielle Radaranlagen kann die Polizei Drohnen aus 10 Kilometern Entfernung detektieren. © RADIO NRW | José Narciandi
Über spezielle Radaranlagen kann die Polizei Drohnen aus 10 Kilometern Entfernung detektieren.
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Zahl der Flüge und politische Debatten

Allein in diesem Jahr wurden in NRW laut SPD-Opposition im Landtag 195 illegale Drohnenflüge registriert. Während viele dieser Drohnen privat oder kommerziell genutzt werden, gibt es Hinweise, dass größere Drohnen möglicherweise militärischen Ursprungs sein könnten. Reul und andere Politiker warnen vor gezielten Einsätzen aus dem Ausland, insbesondere aus Russland, wobei dies bisher nicht in NRW nachgewiesen wurde.

Die politische Debatte spaltet die Lager: SPD und FDP fordern eine umfassende Drohnenstrategie für NRW, inklusive klarer Rechtsgrundlagen und moderner Technik. Die CDU sieht die Bedrohung als ernst, betont jedoch die Notwendigkeit einer eng abgestimmten Zusammenarbeit zwischen Polizei, Bundespolizei und Bundeswehr. Die Grünen warnen davor, die Bundeswehr als Polizeiersatz einzusetzen, und sprechen sich für ein zentrales Lagebild hybrider Bedrohungen sowie mobile Polizeieinheiten mit moderner Abwehrtechnik aus. Die AfD bezeichnet die Diskussion teilweise als übertrieben und sieht darin eine Propagandaveranstaltung.

Nationale und europäische Perspektiven

Auf Bundesebene kündigt Verteidigungsminister Boris Pistorius an, dass das Luftsicherheitsgesetz angepasst wird, um der Bundeswehr auch physische Eingriffsmöglichkeiten bei Drohnen außerhalb eigener Liegenschaften zu eröffnen. Gleichzeitig betont er, dass die Bundeswehr nicht flächendeckend agieren könne und die Landespolizeien weiterhin die erste Verteidigungslinie darstellen.

Auf europäischer Ebene plant die EU eine gemeinsame Initiative zur Drohnenabwehr. Bis Ende 2026 sollen erste Überwachungssysteme und Abwehrtechnik einsatzbereit sein, das gesamte System soll bis Ende 2027 stehen. Die Maßnahme richtet sich vor allem gegen russische Drohnen, die wiederholt den Luftraum europäischer Staaten verletzen. Ziel ist ein flexibles, reaktionsschnelles und modernes System zur Abwehr unbemannter Luftfahrzeuge.

Leicht händelbare Zielerfassungsgeräte machen es möglich, das Funksignal einer fremden Drohne zu stören.© RADIO NRW | José Narciandi
Leicht händelbare Zielerfassungsgeräte machen es möglich, das Funksignal einer fremden Drohne zu stören.
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NRW zwischen zivilen Drohnen und militärischer Bedrohung

Nordrhein-Westfalen steht vor der Herausforderung, sowohl zivile als auch potenziell militärische Drohnen sicher zu überwachen. Die NRW-Polizei gilt als Vorreiter in Deutschland, verfügt über spezialisierte Technik und Erfahrung, stößt jedoch bei größeren Drohnen an ihre Grenzen. Die Bundeswehr ist für militärische Bedrohungen zuständig, während die EU eine koordinierte europäische Lösung entwickelt.

Die Debatte zeigt: Technische Möglichkeiten, klare Zuständigkeiten und ein rechtlicher Rahmen müssen Hand in Hand gehen, um die Sicherheit von Bevölkerung, Flughäfen, Kraftwerken und Kasernen effektiv zu gewährleisten. 

Autor: José Narciandi

Mit Hilfe spezieller Abschussgeräte lassen sich illegale Drohnen auch aus nächster Nähe mit einem Fangnetz aufhalten.© RADIO NRW | José Narciandi
Mit Hilfe spezieller Abschussgeräte lassen sich illegale Drohnen auch aus nächster Nähe mit einem Fangnetz aufhalten.
© RADIO NRW | José Narciandi

Zuständigkeiten: Wer darf was tun?

  • Landespolizei: Allgemeine Gefahrenabwehr, zivile Drohnen
  • Bundespolizei: Flughäfen, Bahnhöfe
  • Bundeswehr: Militärische Drohnen, Schutz eigener Liegenschaften, Unterstützung bei Amtshilfe
  • Flugsicherung / Bezirksregierungen: Sicherheit des Luftraums

Die Polizei in NRW nutzt moderne Technik zur Drohnenabwehr:

  • Störsignale
  • Steuerungsübernahme
  • Fangnetze